Brasilien – Frankreich (0:1)
WM 2006, Viertelfinale
Samstag, 1. Juli 2006
Waldstadion, Frankfurt
48.000 Zuschauer



Heute war also der große Tag gekommen, dem man doch zugegebenermaßen schon etwas entgegen gefiebert hatte. Weitere Spiele der WM waren bis dato noch nicht gesehen worden, da es einerseits an der Zeit scheiterte, des weiteren man keinen Bock auf die Ebay- Abzockerei hatte und auf gut Glück auf nen ordentlichen Schwarzmarkt zu hoffen, dafür war mir die Zeit dann auch zu kostbar. Also ging’s heute mit den original erstandenen FIFA- WM Tickets gen Frankfurt. Zeitlich war man gut dran, so konnten einige Leute noch dabei beobachtet werden wie sie verzweifelt auf der Suche nach einem Ticket waren. Von anderen Eingängen kann ich nichts berichten, am Waldparkplatz war aber nix zu machen. Null Angebot! Das Elfmeterschießen (Portugal – England) in GE konnte noch bei den Cops am Autoradio mitgehört werden, die heute sehr deeskalierend wirkten. Nachdem die Tommys rausgeflogen waren wünschten sie ihren Kollegen in GE noch einen schönen Arbeitsabend. So gemeine!
Die Einlasskontrollen waren ihren Namen nicht wert, teilweise stand auf der anderen Seite des Kartenlesegerätes gar keiner der hätte ein aufleuchtendes Geburtsdatum hätte kontrollieren können. Die ganze Aufregung die seit Wochen über die personalisierten Tickets herrscht war wie zu erwarten binnen ein paar Sekunden für`n Arsch. Das Angebot an Verzehr und Getränke Artikeln bot natürlich nichts umwerfendes dafür waren die Preise, wohl auch wie zu erwarten ne Frechheit… Bratwurst 3,50 €, 0,5 L koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk 3,50 €, American Drecksbeer 4,50 €. Naja man war ja nicht zum futtern oder saufen hier. Der offizielle FIFA- WM 2006 Fanshop bot auch nicht wirklich das was man suchte, den erdachten Wimpel aller teilnehmenden Mannschaften „gibt’s bei uns jedenfalls nicht“ bekam man von einem kleinen Modepübchen zu hören. „Achso, bei der FIFA nicht na da muss ich mal weiter gucken, danke“! Hatte man noch die Hoffnung von den Werbestrategen nicht ganz erschlagen zu werden, musste man vor der Haupttribüne dann doch das Gegenteil verspüren.Es waren alle (Aufzählung erspar ich mir)gut dabei sich in Szene zu setzen, der Typ auf dem Limonaden Laster der die Leute heiß machen s(w)ollte nervte aber tierisch! Der sparende Hopper hatte natürlich Tickets der Kategorie C, ähh 4 gewählt, so war uns ein Hintertorplatz im Unterrang also sicher, so meine Denke, aber nix da! Schöne Oberrang Tickets auf Höhe der Eckfahne, mit einem Platz direkt am Treppenaufgang, sollten uns reserviert sein! Sehr schön. Die dominierende Farbe im Stadion war „gelb“. Lag aber wohl dran das sehr viele deutsche Deppen heute mal das Nationaltrikot gegen ein Brasilien Trikot getauscht hatten. WAS SOLL DAS? Mir auch völlig unverständig warum man heute in nem Deuschland Trikot rumlatschen musste? Naja jedem das Seine! Am Ende hätte ich gerne mal nem richtigen Brasilianer auf die Schulter geklopft und „Kopf hoch“ gesagt. 9 von 10 „Brasilianern“ kamen heute aber wohl aus Bad Nauheim, Kelsterbach, Bad Vilbel oder Friedberg. Respekt an die Leute die wirklich aus Südamerika da waren. Auch wenn dies hier nie einer von dort lesen wird J. Beide Mannschaften natürlich mit ihrem Staraufgebot, wobei meiner Meinung nach keines beider Teams bisher überzeugen konnte. Von den Brasilianern ist man doch jetzt nur so enttäuscht weil sie so hochgejubelt wurden. Meiner Meinung nach darf auch ein Brasilien im Viertelfinale mal ausscheiden (oh, oh hoffentlich liest das jetzt keiner am Zuckerhut). Namen machen noch keine Mannschaft, das ist das schöne und wurde bei der WM auch fett unterstrichen und wenn dann heute Italien noch rausfliegt… Deutschland, Portugal und ja sogar Frankreich hat doch keiner aufm Zettel gehabt und nen fünfer hätte ich auch nicht draufgesetzt. Das Spiel war recht munter aber schon sehr strategisch, den Zauberfußball bekam man wieder nicht zu sehen, was im Viertelfinale wohl auch nicht mehr angebracht ist. Das Tor des Tages erzielte Henry in der zweiten Halbzeit. Die Südamerikaner machten zwar die letzte halbe Stunde noch mächtig Druck, aber Bartezz hielt seinen Kasten sauber. Ne recht nette Aktion starteten noch ein paar Genossen des EFC Rhönadler die einige Plätze von uns entfernt saßen. Ein „Steht auf wenn ihr Adler seit“ (bezieht sich auf Eintracht Frankfurt) wurde, so denke ich vom Stadion Touristen als Adler = Deutschland interpretiert und plötzlich standen knapp hundert Personen die unsere Eintracht anfeuerten, ja ohne davon was zu wissen. Gut, zwei Plätze neben mir wurde der Adler schon gegen „Deutsche“ ausgetauscht. Man sieht, sehr reutiges Publikum! Nach neunzig Minuten war dann Schicht und die WM hatte sich für Frankfurt erledigt. Können wir jetzt unser altes Waldstadion zurück haben ??? Die Deutsch- Brasilianer trugen das Ausscheiden mit Fassung, die Equipe feierte schön mit ihren Fans ab und wir machten uns nach einigen Minuten des Verharrens auf den Weg zur Isenburger Schneise! Zur WM wurde der Weg durch den Wald mal komplett mit Licht ausgestattet! Klasse! Heimfahrt problemlos und gegen 1.30 ging’s dann auch gleich in der Backstube weiter. Um 9 Uhr konnte es dann nach 55 Stunden mit 2 Stunden Schlaf verdient ins Bett gehen.
Fazit: Ich denke man hat das Erlebnis WM 2006 in Deutschland recht gut aufgezogen, lässt man die negativen Randerscheinungen wie Ticketvergabe, Bewirtung und Werbehysterie mal außen vor so konnten wir uns doch als weltoffenes Land präsentieren. Die Atmosphäre die ich die paar Stunden in Frankfurt verspürte war nicht zu vergleichen mit einem normalen Fußballspiel aus dem Alltag oder bei Europacupspielen. Es ist halt WM und alles irgendwie ne große Party, wem das bewusst ist wird damit kein Problem haben oder von der Veranstaltung gar enttäuscht sein. Dennoch bleibt die Hoffnung, dass sich nach dem 9. Juli alles wieder etwas beruhigen wird, sich die Pseudos wieder aus den Stadien verziehen, der Fußballfanatiker Woche für Woche sein Team unterstützen darf und der Staat, Überwachung und Maßnahmen etwas bedachter angehen. In vier Jahren wird die WM in Südafrika (hoffentlich) für viele sehr weit weg sein, die potentiellen Fahrer können sich aber in einer Sache schon sicher sein: Auf die personalisierten Tickets kann wieder getrost geschissen werden!