Wir fühlten uns ein wenig schlaff und abgefuckt, denn schließlich, oh meine Brüder, war’s doch ein Abend mit einem gewissen Energieverbrauch… Die weiteren Droogs wurden dennoch früh von den Matratzen gejagt, denn heute stand zum Jahresabschluss das Silvesterderby in Unterheinsdorf an. Wir verließen gegen halb neun unsere gebuchten Räumlichkeiten in Zwickau und machten uns auf die kurze Anfahrt in die Gemeinde Heinsdorfergrund. Die Karre ließen wir abfahrtstechnisch gut stehen und checkten zunächst einmal die bis vor kurzem noch geltende Schafswiese. Am Einlass wurde sich für sieben Deng mit dem kompletten Programm an Eintrittskarten, Programmheften und Spieltagsplakaten eindeckt, ehe wir kurz danach die herrlich hergerichtete Sumpfwiese betraten. Vorab ein großes Lob an alle, die hier mit angepackt haben und aus dem Scheißhaufen wieder einen Sportplatz gemacht haben! Nicht unerwähnt dabei bleiben soll der Initiator der ganzen Herrlichkeit Lost Ground Hop, welcher sich mit seinen Mitstreitern mal wieder selbst übertroffen hat. Wo vor einigen Wochen noch Schafe ihre Kacke fallen ließen erstrahlte nun ein wunderbar angekreidetes Spielfeld, welches auf seine Protagonisten wartete. Nunmehr acht Jahren nach dem letzten Punktspiel sollte dem Sportplatz „Alte Mühle“, im Volksmund auch „Raumbach-Stadion“ genannt neues Leben eingehaucht werden und dies mit einem Derby am 31. Dezember zwischen der SpVgg Heinsdorfergrund 02 - SV Empor Heinsdorf und dem Reichenbacher Fussballclub. Beim Schreiben dieser Zeilen bekomme ich bereits wieder eine Gänsehaut und ich spüre, wie sich all meine Body-Härchen aufrichteten, und ein Schauer langsam an mir rauf und runter kriecht, als wär’s eine Eidechse… Denn ich weiß, was wir Gestörten da phänomenales erlebt haben! Der zwischen 1948 und 1951 errichtete Platz entstand in einer Gartenkolonie, zuvor mussten einige Laubenpieper davon überzeugt werden ihre Datsche zum Wohle des Ballsports aufzugeben. Die Umkleidemöglichkeiten waren anfangs bescheiden und geschahen in einer Holzbaracke der ehemaligen Textilfabrik VEB AuKu. Einen Wasseranschluss gab es nicht, das benötigte Wasser wurde mit Eimern und Wannen aus dem Raumbach geholt. Der SV Empor Heinsdorf gehörte lange zu den Topmannschaften der 1. Kreisklasse und mitunter gab es auf dem sportlichen Areal zahlreiche Schlammschlachten zu bestreiten, so auch wie heute gegen den Reichenbacher FC. 1977 traf man zum ersten Mal aufeinander und Reichenbach gewann beide Vergleiche mit 2:1 und 4:0. In der Abschlusstabelle blieb der RFC aber zweiter hinter LOK Zwickau. In den weiteren Derbys, von insgesamt vierzehn gab es lediglich nur einen Sieg für Empor Heinsdorf, der in der Saison 1989/90 gefeiert werden konnte. Das bis dato letzte Aufeinandertreffen fand am 11. Oktober 1998 vor 330 Zuschauern in Unterheinsdorf statt. Der Reichenbacher FC konnte einen 6:0 Auswärtssieg einfahren, anschließend trennten sich die Wege der beiden Vereine. Zurück in der Gegenwart standen wir nun also auf dieser historischen Spielstätte und warteten gespannt auf den Anpfiff zum ersten Vergleich der beiden Mannschaften nach 25 Jahren, als es das letzte mal um Meisterschaftspunkte ging. Aufgrund des hohen Zuschauerandrangs verzögerte sich das Spektakel aber um rund zwanzig Minuten. Was wir dann aber zu sehen bekamen war einfach Weltklasse! Die beiden Mannschaften liefen mit Rauchtöpfen in Vereinsfarben auf das Spielfeld und sorgten für den ersten Ekstaseschub. Auch an den Seitenlinien wurde über die gesamte Spielzeit ordentlich was weggezündelt und es war ein erhabener Rahmen für diesen sportlichen Vergleich! Ooh, Unbeschreiblichkeit der Himmel... Es war die Herrlichkeit, und die Herrlichkeit wurde Fleisch! Wie ein Vogel, aus dem kostbaren Metall des Weltalls gesponnen... Wie Silberwein, der durch ein Raumschiff schwebt... Hier wird Schwerkraft zum Unsinn! Und während ich lauschte, sah ich so liebliche Bilder mit Pyrotechnik, Rauchutensilien und einem Fußballspiel auf einem Lost-Ground. Zur Halbzeit führten die Gäste mit 0:2, welche man nutze um die kulinarische Platte zu fegen. Eine Rostbratwurst der Extraklasse sowie eine Hirtenrolle mit reichlich Zaziki wurden sich einverleibt, die geschmackstechnisch keine Wünsche offen ließen. Die Grillmeister verstanden ihr Handwerk und machten für die zahlreichen hungrigen Mäuler einen erstklassigen Job. Zum Beginn der zweiten Halbzeit gabs ein feines Intro der Gäste, die mit Rauch und Blinkern samt Sturmhauben in Vereinsfarben voll überzeugen konnten! Der gelb-schwarz gekleidete Gastgeber fand sich mit laufender Spielzeit besser in das Spielgeschehen ein und konnte den Rückstand egalisieren. Am Ende gab es ein, für wohl beide Seiten zufriedenstellendes 2:2 unentschieden und die rund dreizehnhundert Zuschauer kamen mit der Vormittagsvorstellung wohl auch voll auf ihre Kosten. Nach ein paar freundlichen Gesprächen mit Vereinsangehörigen verließen wir die Szenerie und machten uns zum Durango 95. Für eine Weile hatten wir unseren Spaß mit anderen Autofahrern und ließen so richtig die Kuh fliegen! Dann ging’s auf der A4 nach Westen, um rechtzeitig das familiäre Silvesterprogramm einzuläuten. Auch hier war es ein wunderbarer Abend, und meine kleine Dewotschka wurde noch von meiner Jassick verwöhnt. Was die Nacht nun noch brauchte, um wahrhaftig großartig zu enden, war ein wenig vom alten Ludwig van – 9. Symphonie, 4. Satz! Somit endete das gelungene Fußballjahr mit einem großartigen Silvesterwochenende im schönen Ostdeutschland und wir freuen uns, ein Teil dieser Veranstaltungen gewesen zu sein. Bleibt zu sagen: Der Fußball gehört uns! – Grüße an alle Fans, Kutten, Ultras, Hooligans, Fußballassis, Groundhopper und Fußballtouristen. Never surrender!